Einführung Farbauftrag
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Rede von
Sabine Arlitt zur Ausstellung
Farbauftrag
von
Willi-Peter Hummel im Atelier Alexander in Winterthur |
Die
Magie der Kontaktnahme
Als
ich das letzte Mal über die Arbeiten von Willi-Peter Hummel sprach, sagte ich,
dass ich mir gut vorstellen könne, dass der Ausstellungstitel in Zukunft einmal
«Kleine Philosophie der Passionen: Malen» lauten könnte. Für seine heute zu
eröffnende Ausstellung hier im Atelier Alexander hat Willi-Peter Hummel nun den
Titel «Farbauftrag» gewählt. Farbauftrag kann
als Art und Weise des Farbeauftragens gesehen werden, Farbauftrag kann
gleichzeitig jedoch auch auf die aufgetragene Farbe verweisen. Und schon sind
wir – über einen kleinen Umweg – mittendrin in den Passionen und dem
Malprozess. Farbauftrag spielt mit
der Utopie des Zusammenfalls. Willi-Peter Hummel dürfte sich bei der Wahl
seines Ausstellungstitels einiges überlegt haben. Viele unter Ihnen wissen ja
bestens, dass wph, wie er sich selbst oft nennt, uns mit seinen ebenso lapidar
wie geheimnisvoll anmutenden Titeln wie etwa Emergenz der Dinge, Verstehen
auf Zeit oder Auf Grund stets
Botschaften liefert, um uns dabei gleichzeitig doch immer wieder ins Leere
laufen zu lassen. Auch hier spielt eine Art von Zusammenfall.
Stetes Begehren nach
Berührung
gab ich selbst einmal einer Vernissagerede
als Titel. Auch hier ist im Grunde die Sehnsucht nach dem letztlich Unmöglichen
angetönt. Mit dem Erreichen ist stets ein Loslassen verknüpft, mit dem
Erscheinen ein Auslöschen. Reichhaltig sind die Bedeutungen, welche die
Redensart etwas in die Hand nehmen
mit sich führt. Selbstverwirklichung und Machtausübung stehen da schnell einmal
sehr nah beieinander. Wph sucht den hautnahen Austausch mit der Leinwand, die
es im Grunde gleichsam metaphorisch zu besiegen gilt. Die Leinwand ist ihm
Kampfplatz. Wird die Leinwand zur Membran, ist eine Annäherung durch
Verwandlung im fragilen Grenzgang als Potenzial angelegt.
Wph
spricht bei Atelierbesuchen oftmals von Wut. Er möchte sich Berührung zuweilen
regelrecht erkämpfen, er sucht nach einer enttabuisierten Kraft. Berührung ist
die Sprache physischer Nähe. Im Wort Berührung steckt aber auch die Metapher
für eine emotionale Berührung und geistige Kontaktnahme. Berührung ist in
Willi-Peter Hummels Malerei gleichsam die Schaffensmethode. Er legt Hand an,
nimmt Kontakt auf. Berührung ist eine Wahrnehmungs- und eine
Kommunikationsform.
Auf
eine eigene Art bedeutsam ist in seinem Schaffen die Methode des Abklatschs. Im
Grunde nutzt wph das Monotypieverfahren, wenn er eine ihn ansprechende
Farbkonstellation auf einem Karton direkt auf die Leinwand abdruckt. Eindruck,
Ausdruck, Abdruck, Abklatsch, Doppelgänger und Einzelaktion: alles ist
verkettet miteinander. Die Nuancen der Eindrücke sind es in einem
entscheidenden Mass, die Sie als Betrachter möglicherweise zu beeindrucken, zu
rühren, zu berühren vermögen, es sei denn, Sie lassen sich auf die Spurensuche
ein.
Das
Dasein ist eine Folge von Beziehungsstrukturen. Davon handeln die Arbeiten von
Willi-Peter Hummel, die Bilder und Zeichnungen, die Berührung als Bewegung
vortragen, die Berührung im Kräfteaustausch vorführen. Ununterscheidbar wird
zuweilen, ob die Körper gewordene Farbe dem Betrachter entgegenzutreten scheint
oder ob sie sich zurückzieht – in die Unbestimmtheit der Leinwand hinein. Die
Leinwand lässt das kreuzartige Chassis durchscheinen. Die Horizontale und die
Vertikale sind Metaphern für lebenswichtige Konditionen des Menschen. Raum wird
aufgespannt – Ereignisraum. Mauerartige
Geschlossenheit steht im kämpferischen Dialog mit raumgreifender Weite.
©Sabine
Arlitt, Zürich, April 2016 |