Einführung Phasenübergänge    

Text von Hanna Gagel zur Ausstellung Phasenübergänge in der
Galerie "zem Dalbehysli", Basel, 1987
 

P h a s e n ü b e r g ä n g e

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Der Stier, dieses uralt mythologische Tier, das auch in frühen matriarchalen Kulturen bis in unserer patriarchalen Spätkultur als Verkörperung der Lebenskraft verehrt wird, steht im Spannungsfeld von heutiger männlicher Erfahrung von Kraft, Zerfall und Selbstbehauptung - und Anrufung vorzeitlicher Kräfte.

W.-P. Hummel nennt seine Arbeiten, in denen Stier und Wasser auf eine durchaus ungewohnte, persönliche Art erfahren werden, "Phasenübergänge''. Mir scheint, diese Vorstellung des Übergangs von einer Phase in eine andere hat im wesentlichen drei Aspekte: Zustand männlicher Energie heute - Begegnung zwischen Heute und der Vorzeit - Begegnung des Männlichen und Weiblichen.

H. beobachtet und erlebt die Mächtigkeit toter Stierschädel, Stierkörper und holt in seiner Darstellung die vergangene Lebenskraft wieder herein. Es gibt Stierhaftes als flachgewordene Haut an der Wand hängend, tot auf dem Rücken liegend; auch die animalische Wärme, die ein ruhender Stierkörper haben kann, wird präsentiert. Daneben ein grosses Bild mit leerer Mitte, Auflösung des Stierhaften, das nur in den Randzonen noch existiert, schwebend im Raum. Die Reduktion des Stieres geht bis zu kalligraphischen Zeichen, an japanische Tuschzeichnungen erinnernd, etwa eine subtile und kraftvolle Verbindung der Formen von Horn und Schwanz.

H. sagt: "Ich hatte schon gemalt und dann ist mir das Buch von Marie E.P. König 'Am Anfang der Kultur' in die Finger gekommen." Dann entstand das Bild eines Stieres, der die Kraft des Uranfangs in sich hat. Mit der Energie des Morgens - des Morgens unserer Kultur - springt er dem Wasser entgegen. Ein Wasser, reich an starker Farbigkeit, Tiefe und Lebenskraft. Ein elementares Verhältnis, wie wenn sich das männliche und weibliche Prinzip noch einmal neu begegnen.

H. sagt: "Vielleicht ist es wie im Paläolithikum; Ursachen existieren nicht.'' Auch dem Wasser wurde an seinen Quellen, dort wo es der Tiefe der Erde entsprang, kultische Verehrung zuteil. Wasser und Weibliches sind vielschichtig aufeinander bezogen.

"Vielleicht interessiert mehr der Übergang, was dazwischen ist. So für mich", sagt H.

Hanna Gagel, Zürich